- Die deutsche Chemieindustrie fährt mit Volldampf
aus der Krise und hat ihre Prognosen für das Gesamtjahr deutlich
erhöht. "Ein rasantes Comeback. Wir haben die Folgen der
Wirtschaftskrise jetzt nahezu überwunden", sagte der Präsident des
Verbandes der
Chemischen Industrie (VCI), Ulrich Lehner, am Donnerstag laut
Mitteilung. Im zweiten Quartal setzte sich die Erholung mit einem
kräftigen
Umsatz- und Produktionsschub fort. Für das zweite Halbjahr seien zwar
geringere Wachstumsraten zu erwarten. Wegen der überraschend starken
Dynamik im zweiten Quartal rechnet der VCI nun aber für das Gesamtjahr
2010 mit einem Produktionsanstieg um rund 11 Prozent. Anfang Juli
waren nur plus 8,5 Prozent in Aussicht gestellt worden. Der Umsatz
dürfte bei weiter anziehenden Preisen um 18 (alt 10) Prozent zulegen.

    Im laufenden Jahr dürfte sich der Auslandsumsatz dank einer starken
Nachfrage aus Asien und Südamerika besser entwickeln als das
Inlandsgeschäft. Auch im zweiten Quartal war die starke Nachfrage aus
dem Ausland Motor des Wachstums. Aber auch im Inland liefen die
Geschäfte mit industriellen Kunden gut, hieß es. Die Produktion
erhöhte sich im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorquartal insgesamt
um 1,5
Prozent. Im Jahresvergleich schnellte die Produktion um 14,2 Prozent in
die Höhe. Die Dynamik habe allerdings im Verlauf des zweiten
Quartals wie erwartet nachgelassen. Getragen worden sei der Anstieg vor
allem von organischen Grundstoffen und Spezialchemikalien, aber auch
die übrigen Sparten entwickelten sich laut VCI positiv.
    
BESCHÄFTIGTENZAHL SEIT ANFANG 2010 STABIL

    Beim Umsatz ergaben sich wegen höherer Chemikalienpreise im zweiten
Quartal noch deutlichere Wachstumsraten. Der Umsatz kletterte im
zweiten Quartal zum Vorquartal um 5,2 Prozent auf rund 41,6 Milliarden
Euro. Im Jahresvergleich ergab sich gar ein Sprung um 22,7 Prozent.
Die Chemikalienpreise erhöhten sich dabei im Quartalsvergleich um 1,5
Prozent und im Jahresvergleich um 14,2 Prozent. Gründe seien knappere
Kapazitäten und teurere Rohstoffe. Die Zahl der Beschäftigten blieb
seit Jahresbeginn mit knapp 420.000 Personen stabil. Auch während der
Krise hatte ein massiver Einsatz von Kurzarbeit in Deutschland eine
Entlassungswelle in der Branche verhindert.

    Die Chemieanlagen liefen wieder auf vollen Touren, betonte Lehner.
Die Kapazitätsauslastung erhöhte sich im zweiten Quartal im Vergleich
zum Vorquartal um 2,8 Punkte auf 85,6 Prozent. In der Krise war die
Auslastung bis auf 71,7 Prozent (Q1 2009) abgesackt. Die deutsche
Chemieindustrie habe damit den massiven Einbruch durch die
Wirtschaftskrise innerhalb von fünfzehn Monaten fast kompensiert. Aber
die
Geschwindigkeit, mit der die Branche wächst, hat laut
Verbandspräsident Lehner inzwischen nachgelassen. Das sei aber zu
erwarten gewesen, da
die Chemie als Lieferant von Vorprodukten für viele andere
Industriezweige von einer wirtschaftlichen Erholung frühzeitig
profitiere. Auch
in den kommenden Monaten werde es weiter, aber langsamer aufwärts
gehen, erwartet Lehner.
    
ABKÜHLUNG IN DEN USA

    Wie nachhaltig die Erholung im deutschen Chemiegeschäft ist, muss
sich laut VCI aber erst noch zeigen. Bisher sei nur aufgeholt worden,
was im Zuge der Krise verloren gegangen sei. Ob die deutsche Wirtschaft
auch in den kommenden Monaten und Jahren den Wachstumskurs
fortsetzen könne, sei mit Risiken verbunden. Die Abkühlung in den USA,
Ängste vor einer Überhitzung in China und die Schuldenkrise in
Südeuropa drohten das Exportgeschäft zu belasten. Umso wichtiger sei
es, dass die Binnenkonjunktur dauerhaft anspringe und Deutschland
endlich seine Investitionsschwäche überwinde./jha/bgf/wiz